Die Puckentschuldigung - Eine Geschichte aus dem Leben des wohl bekanntesten Regensburger Spielgerätes
Hallo lieber Eisbärenfan,
schön, dass du mich angeklickt hast. Ja, ich spreche genau mit Dir! Du fragst Dich wahrscheinlich, ob Du noch ganz dicht bist, weil ein Puck eigentlich nicht reden kann, aber im Augenblick trotzdem mit Dir kommuniziert.
Doch ich bin nicht irgendein Puck. Ich bin seit vielen, vielen Jahren das Spielgerät der Regensburger Eisbären, damals noch EV Regensburg. Ich bin der Star eines jeden Eishockeyabends und Tausende von Zuschauern starren über Stunden hinweg nur auf mich. Ein tolles Gefühl, das kann ich Dir sagen. Sogar bis ins Fernsehen habe ich es geschafft, auch wenn man mich hier nur schwerlich erkennen kann. Ist auch besser so, denn meine Optik lässt zu wünschen übrig, da ich eine denkbar schlechte Kombination abgebe. Ich bin klein, aber dafür umso dicker.
Ich werde immer eingesetzt. Bei jedem Heimâ?? und auch Auswärtsspiel meiner Eisbären bin ich mit von der Partie. Klar, ab und an werde ich an die Decke befördert, dann kommt kurz jemand anderes zum Einsatz, aber bereits bei der nächsten Unterbrechung bin ich wieder am Drücker. Im Bus darf ich mit meinen Verwandten sogar vor dem Wayne sitzen.
Ich liebe die ständige Action in meiner 8-Stunden-Woche, während viele meiner Artgenossen komischerweise keine Lust zum arbeiten haben. Die lassen sich dann einfach tätowieren, oder von irgendeinem Spieler eine Unterschrift auf den Bauch geben. Fortan stehen sie nur noch in Vitrinen und Souvenirschränken. Ein viel zu langweiliges Leben wäre das für mich, na ja, jeder soll eben auf seine Art glücklich werden.
Nun aber zurück zu meinem eigentlichen Bedürfnis. Der Grund, warum ich Dir schreibe, ist eine Entschuldigung meinerseits. Du bist ja ein Fan der Regensburger Eisbären, sonst hättest Du mich bestimmt nie angeklickt. Wahrscheinlich kennen wir uns sogar persönlich, da ich mir im Laufe der Jahre schon viele verschiedene Köpfe eingeprägt habe. Einige kenne ich sogar noch von der Nibelungenbrücke. Da war es auch toll, obwohl mir bei dem vielen Schnee häufig die Luft wegblieb. Doch die Zeiten werden eben selbst für uns Pucks nicht besser und der Spaß am Spiel hat gegenwärtig nicht mehr oberste Priorität. Die mir bekannten Gesichter in der tollen Donau Arena werden weniger und damit auch die finanziellen Sorgen der Verantwortlichen immer größer.
Und wer ist schuld an dieser Misere? Genau: ICH!!!
Es tut mir echt unheimlich Leid und ich hoffe, du nimmst meine aufrichtige Entschuldigung an.
Ich war nämlich in der Vergangenheit für jeden Spaß zu haben, womit ich es in den meisten Spielen der laufenden Saison wohl etwas übertrieben habe. Ich mag zwar jeden Spieler der Eisbären, aber mit einigen bin ich eben besonders gut befreundet. Die habe ich dann einfach so mal durch den Kakao gezogen, was mir seit gestern Abend wirklich aufrichtig Leid tut.
Den Patrick zum Beispiel kann ich besonders gut leiden. Oft lande ich ganz weich in seiner Fanghand. Ein andermal ärgere ich ihn und ändere kurz vor der Landung meine Flugbahn. Dann falle ich in das Netz welches sich hinter dem Patrick befindet. Er findet das zumeist nicht so lustig, denn das Publikum wird dann böse auf ihn, obwohl doch eigentlich mich die ganze Schuld trifft. Im nächsten Spiel plagt mich gleich das schlechte Gewissen und ich nehme niemanden mehr auf die Schippe. Wenn`s mir zu hektisch wird, beiße ich auch schon mal ins Plexiglas, um eine frühzeitige Drittelpause herbeizuführen.
Auch den Verteidigern spiele ich gerne mal einen Streich. Die feuern mich oft ganz lieblos in Richtung des gegnerischen Gehäuses. Zu diesem fremden Torwart mag ich aber nicht und lasse mich dann lieber gegen die Bande knallen. Wenn ich dann doch mal auf ihn zufliegen möchte, lässt der mich eh meistens prallen und es entsteht ein böser Kampf um mich. Häufig wird dann auf mir rumgetrampelt, was echt weh tut. Ich bin schließlich nicht aus Plastik, sondern nur aus Hartgummi. Auch in der Werbung heißt es immer, dass wir Gummitypen zart und gefühlsecht sind.
Überhaupt scheinen meine Eisbärenfreunde im Augenblick nicht gut auf mich zu sprechen zu sein. So wird mir nicht mehr ins gegnerische Drittel geholfen, wie dies früher noch der Fall war. Ich werde einfach nach vorne geschossen und bin dann bei dem fremden Team ganz auf mich allein gestellt. Manchmal läuft mir wenigstens noch einer hinterher, doch oft gehen meine Mitspieler einfach zum wechseln. In solchen Situationen spüre ich trotz meiner langjährigen Erfahrung richtige Angst.
Manchmal hat auch der Schiedsrichter ein Einsehen und pfeift die Partie einfach ab. Ich muss dann zwar in seine schwitzigen Hände, werde aber schnell wieder ins Spiel geworfen. Bei diesem sogenannten Bully steht dann jedoch wieder der Spaß im Vordergrund. Wenn ich den Jason am Bullypunkt entdecke freue ich mich sogar so doll, dass ich umgehend zu ihm hinspringe. Mit dem Andi erlaube ich mir dagegen meinen Spass und haue einfach zum Gegner ab. Oft werde ich dann von der anderen Mannschaft schnell wieder zum Patrick befördert, der mich aber leider nicht immer fängt. Die Zuschauer buhen und pfeifen dann.
Du fragst Dich jetzt bestimmt, warum ich mich plötzlich dazu entschlossen habe, meinen Spaß hinten anzustellen, um bis zum Ende der Saison nur noch im Sinne der Regensburger zu fliegen? Ganz einfach: Ich will unbedingt in die PlayOffs, sonst habe ich zu lange Urlaub und mir wird langweilig. Naja, außerdem habe ich genug von den ständigen Beleidigungen gegen mich.
In letzter Zeit höre ich oft aus dem Publikum die Beschwerde: â?žGeh doch endlich rein, Du Sch....puck.â?? Dies tut mir nach allem, was ich hier bereits erlebt habe ziemlich weh. Aber da der Kunde nun mal König ist, habe ich mich dazu entschlossen, die Wünsche der Zuschauer bis zum Ende der Saison zu erfüllen.
Gestern habe ich mich nach einem traurigen Erlebnis zu dieser Entscheidung durchringen können. Nach 38 Minuten hatte ich den Patrick schon fünfmal geärgert. Dann hat mich der Sven lieblos nach vorne geschossen. Jason ist mir mit scheinbar letzter Kraft einfach hinterhergeeilt, obwohl er aufgrund seines hohen Alters einfach nicht mehr der Schnellste ist. Das Publikum hat ihn für seinen Antritt bitter verhöhnt. Selten hat mich eine Situation so berührt wie diese. Der Jason hat mich dann gepackt und angeschrieen. Er sagte, dass ich mich endlich wie ein echter Eisbär verhalten soll und nicht immer den Gegner unterstützen darf.
Der Jason ist auch der einzige der so mit mir reden darf, denn keiner kann so geschickt mit mir umgehen wie er. In der Folgezeit erfüllte ich meine Pflicht wie mir geheißen und flog ein ums andere Mal am Markus, den ich auch noch von früher kannte, vorbei. Ich hatte große Angst, denn der Markus lässt mich eigentlich immer prallen. Ihr wisst ja nun, dass dies für mich nicht selten schmerzlich endet, doch ich biss auf die Zähne. Ein ums andere Mal wurde ich ins Netz gestochert. Das Publikum tobte und unter uns gesagt: Mir machte das Spiel so auch voll Spass.
Den Patrick habe ich im restlichen Verlauf des Abends überhaupt nicht mehr besucht. Der war darüber aber nicht böse und hat sich über meine Leistung sogar gefreut.
In Zukunft werde ich meine Pflichten besser erfüllen, versprochen. Ich hoffe, dass auch Du persönlich mir verzeihen kannst und nicht mehr die Mannschaft für mein Fehlverhalten bestrafst.
Zu guter Letzt möchte ich Dir, so kurz vor Weihnachten, meinen größten Wunsch mitteilen. Einmal würde ich gerne noch in der DEL eingesetzt werden. Da ich die Altersgrenze für DEL-Pucks aber bald überschritten habe, muss dies recht bald passieren, die Oberliga tue ich mir sicherlich nicht mehr an.
Die tolle Stadt Regensburg hat bereits angekündigt, sich mit einem besonderen Präsent für meine treuen Dienste der Vergangenheit zu bedanken. Nach meinem letzten Punktspieleinsatz, wenn ich dann auch zu langsam für die zweite Bundesliga bin, darf ich am großen internationalen Bambiniturnier teilnehmen. Als Siegerpuck lande ich schließlich in irgendeinem Kinderzimmer, vielleicht sogar auf einem anderen Kontinent. Am liebsten wäre mir natürlich trotzdem, auch dann in Regensburg bleiben zu dürfen. Aber da habe ich keine Sorge, denn kaum einer kann das Spiel so gut beeinflussen wie ich....
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